2006 Frühes Neolithikum in Österreich – Neuer Forschungsstand I

Referat Maurer Jakob 0605641060003 VO+UE

Frühes Neolithikum in Österreich – Neuer Forschungsstand I

Unsere Kenntnis des frühen Neolithikums in Österreich hat sich seit dem Jahr 2000 durch neue Publikationen wesentlich verbessert: Erstens ist einiger Schwung in die Aufarbeitung der während der letzten Jahrzehnte freigelegten Siedlungen gekommen, und zweitens ermöglicht die derart massiv verbesserte Quellenlage inzwischen auch sinnvolle Fragestellung zur Herausbildung der Linearbandkeramik.

Ursprungsgebiet der LBK[1]

Laut derzeitigem Forschungsstand ist die Kultur der Linearbandkeramik mit hoher Wahrscheinlichkeit in Transdanubien – das ist Ungarn südlich der Donau – und in dessen Nachbargebieten entstanden, besonders entscheidende Entwicklungen dürften im Umfeld des Balaton stattgefunden haben. Dabei handelt es sich um das nordwestliche Vorland der so genannten Starčevo-Kultur [’startʃɛvɔ-], die sich einige hundert Jahre früher am Balkan gebildet hat. Während ein Zusammenhang der Starčevo-Kultur mit der Linearbandkeramik im „langen Weg“ nur aufgrund gewisser formaler Ähnlichkeiten vermutet wird, gibt es mittlerweile durch mehrere ungarische und einen österreichischen Fundplatz, die Elemente beider Kulturen beinhalten, klare Belege dafür. Allerdings ist noch nicht völlig geklärt, ob wir in dieser ältesten LBK Bevölkerungselemente einer späten Phase der Starčevo-Kultur (Spiraloid B) vor uns haben, oder ob es sich eventuell doch um eine mesolithische Bevölkerung handelt, die am Nordrand dieser Kultur – die möglicherweise an eine durch Klima- und Bodenfaktoren vorgegebene Grenze gestoßen war – genug Zeit zur Anpassung fand.

Verbreitungsgebiet der LBK in Ö[2]

Schon 1989 hat Eva Lenneis in einer Studie über Klima und Bodentypen der damals bekannten LBK-Fundstellen in Österreich Toleranzgrenzen bei der Siedlungsplatzwahl festgestellt und potentielle Siedlungsflächen kartiert (bevorzugt trocken und heiß bzw. leicht und fruchtbar). Seither hat sich die Anzahl der vornotenkopfkeramischen Siedelstellen aber von 40 auf 80 Stück verdoppelt, wobei in der Region aller und bei 59 am selben Ort auch jungbandkeramisches Material vorkommt, das mit insgesamt etwa 300 Nachweisen dichter und auch in Regionen vertreten ist, in denen bisher keine Vornotenkopfkeramik gefunden wurde. Eine getrennte Analyse von älterer und jüngerer Linearbandkeramik brachte 2001 aber trotzdem keine Belege dafür, dass in letzterer die Qualitätsansprüche bei der Siedlungsplatzwahl signifikant geringer gewesen wären. Die 1989 eruierten Toleranzschwellen besitzen noch immer Gültigkeit, nur sechs neue Fundstellen liegen außerhalb, wobei aber als Höhlen zumindest drei Sondercharakter besitzen.

Brunn Wolfholz[3]

Die größten Ausgrabungen zum beginnenden Neolithikum in Österreich wurden bisher in Brunn am Gebirge im Verwaltungsbezirk Mödling in der Flur Wolfholz durchgeführt. Entdeckt wurde die Fundstätte 1989 bei Straßenbauarbeiten für die A2, sie hat eine Ausdehnung von etwa 850 mal 500m. Bis 2005 wurde von der Prähistorischen Abteilung des Naturhistorischen Museums unter der Leitung von Peter Stadler eine Fläche von über 100.000 m2 freigelegt, zuerst als Rettungs- und nach der Unterschutzstellung als Plangrabung. Die Fundstätte befindet sich auf einer Terrasse im Wiener Becken, am Ostrand des Wienerwaldes, das Gelände ist eben bzw. steigt im Nordosten zu einem leichten Hügel an.

Vor allem durch Grabungen, aber auch durch geophysikalische Prospektion wurden bisher 75 Langhäuser entdeckt, insgesamt wird mit ungefähr 100 gerechnet. Die Langhäuser lassen sich 5 verschiedenen Siedlungen zuordnen, wobei Brunn II chronologisch noch einmal in die Subphasen IIa und IIb zerteilt wird.

Datieren lassen sich die nach der Auffindungsreihenfolge benannten Siedlungen durch Radiokarbonmessungen im 1σ-Intervall (68% Wahrscheinlichkeit) zwischen 5540 und 5060 vor Christus. Brunn Wolfholz war also während der gesamten älteren Phase der LBK besiedelt. Brunn IIa ist vermutlich am ältesten, gefolgt von Brunn IIb, III, IV, I und V. Brunn I leitet schon zur jüngeren LBK über. Durch den Altholzeffekt könnten die Messungen, die großteils an Eichenholzkohle durchgeführt wurden, aber ein zu altes Datum angeben.

In den ältesten Teilen, also in Brunn II, findet sich schlecht gebrannte, hauptsächlich unverzierte Keramik, nur ein geringer Prozentsatz hat ausschließlich plastischen Dekor. Diese Keramik hat enge Parallelen auf Fundstätten der späten Starčevo-Kultur in Südungarn (beispielsweise in Gellénháza-Városrét oder in Pityerdomb). Brunn II weist sowohl Elemente der Starčevo-Kultur als auch bereits der LBK auf! Die Publikation dieser wichtigen, mit Hilfe einer Bilddatenbank chronologisch geordneten Keramikfunde aus Brunn ist schon seit geraumer Zeit in Vorbereitung, bisher gibt es nur kurze Erwähnungen und Vorberichte unter anderem auch im Internet.

Ab Fundstelle III nimmt die Menge der linear verzierten Keramik zu, gleichzeitig aber auch die Anzahl der Idolstatuetten ab. Die sog. „Venus von Brunn am Gebirge“ IIb ist mit einer rekonstruierten Höhe von 25cm das größte Idolstatuettenfragment innerhalb der LBK, Idole sind aber auch für die Starčevo-Kultur charakteristisch. In Ritzlinien in seinem Hüftbereich konnten Reste von Birkenrindenteer nachgewiesen werden, möglicherweise war darin eine Art von Kleidung oder Schmuck fixiert. Aus Mörtersdorf in Niederösterreich gibt es ebenfalls aus der älteren LBK zwei neu gefundene Gefäßfragmente mit dem Universalklebstoff Birkenrindenteer in den Ritzlinien, Franz Pieler denkt dabei an eingesetzte Getreidekörner oder Schmuckschnecken.

Silexmaterial[4]

Brunn II besitzt mit über 6000 Artefakten das größte Silexinventar der ältesten LBK. Durch einen Vergleich des Rohmaterials und der Herstellungstechnik hat Inna Mateiciucová 2002 versucht, damit Aussagen über die Neolithisierung des Wiener Beckens zu treffen.

Leider sind im nordöstlichen Österreich, dem Verbreitungsgebiet der LBK, gerade einmal fünf Mesolithfundstellen ausschließlich durch Aufsammlungen bekannt, die Vergleichsgrundlage lässt also zu wünschen übrig. Es zeigt sich aber, dass im Mesolithikum Niederösterreichs hauptsächlich lokal oder regional vorkommende Rohstoffe verwendet wurden, in Wien-Bisamberg, das zirka 20km von Brunn am Gebirge entfernt liegt, etwa Radiolarite aus den Donauschottern. Fernimporte beispielsweise von Szentgál-Radiolarit sind in mährischen Fundstätten nur mit einem geringen Anteil (+/- 1%) vorhanden.

In der ältesten LBK wurde hingegen überwiegend dieser Szentgál-Radiolarit aus dem transdanubischen Bakony-Gebirge verwendet, das sich knapp nördlich des Plattensees, also im wahrscheinlichen Kerngebiet der LBK befindet. Im sehr früh einzustufenden Brunn II hat diese aus 150 bis 160km Entfernung importierte Steinsorte einen Anteil von mehr als 50%, mit den Absplissen sogar von über 70%.  Diese Tatsache ist vor allem deshalb so wichtig, weil es nur 5km von Brunn II entfernt ein Vorkommen von Mauer-Radiolarit gibt, der aber nur einen Anteil von 37% (ohne Absplisse) stellt.

Im jüngeren, in die früheste Notenkopfkeramik zu stellenden Brunn I ist das Verhältnis umgekehrt, lokale Mauer-Radiolarite dominieren mit 68%, importierte Bakony-Radiolarite sind mit 13% in den Hintergrund getreten – es hat also offensichtlich eine Anpassung an die Umgebung stattgefunden. Diese Beobachtung deckt sich gut mit der Erkenntnis, dass Szentgál-Radiolarit in der ältesten LBK seine größte Ausdehnung hat, er ist bis an die Westgrenze derselben nachgewiesen, was einer Entfernung von 800km entspricht!

Auch bei der Präparation der Schlagfläche existieren technische Unterschiede zwischen Mesolithikum und ältester LBK: In ersterem treten primär facettierte Schlagflächenreste nur sehr sporadisch auf, während sie in der ältesten LBK häufiger werden.

Insgesamt erscheint es durch diese Beobachtungen Mateiciucovás wahrscheinlicher, dass das Wiener Becken aus Transdanubien besiedelt wurde (entspricht Gronenborns Hypothese – 1994), oder zumindest eine Gruppe von Neusiedlern die mesolithische Bevölkerung „assimiliert“ hätte, als dass die neolithische Lebensweise von einer lokalen mesolithischen Bevölkerung übernommen worden wäre (autochthone Hypothese – Tillmann 1993).

Entstehung des linearbandkeramischen Hauses[5]

Die ältesten linearbandkeramischen Häuser mit den drei charakteristischen parallelen Pfostenreihen im Inneren und dem langrechteckigen Grundriss sind nach einer 2004 erschienen Darstellung von Eva Lenneis diejenigen aus Brunn am Gebirge Fundstelle II. Die Häuser von Brunn sind mit Abweichungen in den verschiedenen Siedlungen jeweils bei einer Größe von 20 mal 7-8m Süd-Nord orientiert.

Beim linearbandkeramischen Haus scheint die Bedeutung vor allem auf einem massiven und dichten Dach zu liegen, für das man den „Pfostenwald“ im Inneren in Kauf nahm. Lenneis geht bei diesem Haustyp – wie schon im „langen Weg“ erwähnt – von einer indigenen Entwicklung der ältesten Linearbandkeramik aus, die sich im letzten Viertel des 6. Jt. sogar entgegen der üblichen Kulturdrift in Richtung Südosten auf den Balkan ausgebreitet haben dürfte, wo weniger feste Dachkonstruktionen vorherrschten.

Leider kennen wir vor allem in Mitteleuropa nur wenige Freilandbehausungen des Mesolithikums, was sich teilweise durch die massive Erosion erklärt, der ja auch die meisten bandkeramischen Häuser bis auf die tiefen Pfostenlöcher und Längsgruben zum Opfer gefallen sind. Die erhaltenen Beispiele besitzen einen runden, seltener einen rechteckigen Grundriss und einen zeltartigen Aufbau und sind wegen ihrer leichten Konstruktion kaum direkt mit dem Bandkeramischen Haus vergleichbar. Der Nachweis einer Art von „Firstpfostenzelt“ in Schweden ist aufgrund der geographischen Distanz irrelevant. Bevor sich hier der Kenntnisstand nicht verbessert hat, kann der eventuelle Einfluss des Mesolithikums auf die Hausbauweise nicht definiert werden, wie ja auch der mögliche mesolithische Einfluss auf der Herausbildung der LBK im nordwestlichen Randgebiet der Starčevo-Kultur unklar ist.

Eine 2005 gedruckte umfassende Untersuchung von Harald Stäuble zu den Häusern der älteren Bandkeramik hat gezeigt, dass sich innerhalb derselben keine strenge typologische Abfolge von Haustypen feststellen lässt.

Die Einheitlichkeit der älteren LBK[6]

Die zumindest oberflächliche Einheitlichkeit der älteren Linearbandkeramik über viele hundert Kilometer bis an den Rhein ist ungewöhnlich und ein mögliches Argument für eine rasche, unilineare, eventuell mit Großwanderungen zusammenhängende Ausbreitung von einem gemeinsamen Ursprungsort. Es sind aber auch andere Erklärungen für dieses Phänomen möglich, die 2005 von Eva Lenneis präsentiert worden sind: Ihrer Ansicht nach lässt sich die Gleichförmigkeit vor allem an drei Elementen festmachen: Am einheitlichen Baukonzept, an der gleichförmigen Machart und technischen Gestaltung der Keramik und an der wenig variantenreichen Gefäßverzierung durch die lose aneinander gereihten Einzelmotive Spirale und Mäander.

Die einheitliche Bautechnik könnte als Resultat der ersten Auseinandersetzung einer Bevölkerung mit einer Neuerung gesehen werden, aufgrund technischer Unsicherheit ist damit zu rechnen, dass möglichst gleichartig kopiert wurde. Gleiches könnte für die starke Vegetabilien- und Schamottmagerung gelten, die für die ältere LBK typisch ist. Die technische Gestaltung der Keramik mit breiten U-Rillen könnte ein auf Schnitzereien auf Holzgefäßen zurückgehendes Rudiment sein.

Betreffend den letzten Punkt – die angeblich einheitliche Dekorform – führt sie 2004 insgesamt vier Elemente an, die sich sehr wohl räumlich abgrenzen lassen, zwei davon wurden bereits 2001 von Maria Cladders in deren Arbeit über die Tonware der älteren LBK

erkannt. Einglättverzierungen – deren Verbreitungsgebiet auffällig mit dem gehäuften Vorkommen von Bakony-Radiolariten übereinstimmt – und nach unten gekrümmte Kreisbögen kommen vor allem in Ungarn und der Slowakei vor, während Spiegelmotive und Dekore aus runden Einstichen hauptsächlich aus den westlichen Gebieten bekannt sind. Das Überlappungsgebiet scheint im nördlichen Niederösterreich und in Mähren zu liegen. Nach Einschätzung von Eva Lenneis werden mit zunehmender Materialkenntnis noch weitere regional begrenzte Spezifika entdeckt werden, das gegenwärtig einheitlich erscheinende Bild der älteren LBK wäre demnach nur auf den noch immer unzulänglichen Forschungsstand zurückzuführen.

Die Regionalisierung in der jüngeren LBK

In der jüngeren Phase der LBK liegt in Ostösterreich die breite Kontaktzone zwischen Šárka- und Želiezovce-Gruppe, die sich u.a. durch ihren Keramikstil unterscheiden. Im Jahr 2000 hat Eva Lenneis überlegt, ob und was für eine Art von territorialer Abgrenzung hinter dieser Gruppenbildung stehen könnte. Sie bringt eine interessante ethnographische Parallele aus den USA, wo die Entstehung eines neuen Keramikstils in einem großen Gebiet der Hopi und Tewa auf die 40 Jahre früher passierte Innovation zweier Töpferinnen zurückgeführt werden konnte. Die Ausbreitung des Stils war nur durch das bei vielen (rezenten) nicht industrialisierten Gesellschaften vorkommende gemeinsame Töpfern mehrerer Frauen in der Gruppe – die jüngeren lernen dabei von den älteren – und durch die Verheiratung einiger dieser Frauen in andere Clans erfolgt. Analog dazu könnten die auf Basis der Keramik ermittelten Gruppengrenzen innerhalb der LBK vielleicht so etwas wie die Grenzen von Heiratsterritorien erfassen. Weiters bemerkt Lenneis, das bei nahezu allen rezenten, nicht industrialisierten Gesellschaften die Keramik einen besonderen Stellenwert hat, und ihre Symbolik oft nur innerhalb einer Gruppe verstanden wird, die aber u.U. keine gemeinsame Stammesidentität besitzt. Sie warnt deshalb davor, in keramischen Gruppen etwas mit Stammesgebieten vergleichbares sehen zu wollen[7].

Aus dem ungarischen Bereich reicht das Kulturgebiet der Keszthely-Gruppe, die durch eine grafitierte, archaische, nur anhand der vegetabilienfreien Magerung zu identifizierende Keramik mit breiten Rillen gekennzeichnet ist, in nordwestlicher Richtung bis in das Gebiet von Eisenstadt oder knapp darüber hinaus. Vereinzelte Niederschläge dieser Keramik gibt es aber bis zu 90 km davon entfernt beispielsweise jetzt auch aus Melk, wodurch Fernkontakte dokumentiert sind. Die Keramik selbst war wohl kaum das begehrte Tausch- oder Mitnahmeobjekt, es zeigt sich aber eine Übereinstimmung ihrer Verbreitung mit dem Vorkommen von Bakony-Radiolarit auf jungbandkeramischen Fundstätten. Dieser Zusammenhang erscheint aufgrund der Tatsache, dass derselbe nördlich des Plattensees mitten im Kerngebiet der Keszthely-Gruppe gewonnen wurde, sehr plausibel. Als Gegengabe kommt zusätzlich zu mittlerweile vergangenen Produkten wie auch schon in der älteren LBK Grafit in Frage, der etwa nahe den Melker Fundstätten ansteht, und dort als Rohprodukt in neolithischen Siedlungen auch reichlich zu finden ist[8].

Ein anderes Beispiel für einen jungbandkeramischen Import wurde 2001 durch die Diplomarbeit von Karina Grömer bekannt, es handelt sich um ein Bombenfragment der mit der LBK verwandten ostungarischen Alföd-Linienbandkeramik, das in Leonding nahe Linz bei einer Rettungsgrabung, bei der auch ein Stück eines bandkeramischen Sohlgrabens freilegt wurde, zu Tage kam[9].

Rosenburg und Mold[10]

Abschließend noch die Kurzvorstellung von 2 Fundstätten in der Nähe von Horn, an denen zurzeit noch im Rahmen eines vom Wissenschaftsfonds FWF unterstützten, bis 2008 laufenden Projekts gearbeitet wird, nächsten Donnerstag werden im zweiten Teil des Referats noch weitere, allerdings bereits fertig bearbeitete Ausgrabungen vorgestellt werden.

Die Publikation der kleinen Siedlung von Rosenburg mit ursprünglich vielleicht 10 Häusern, deren Reste zwischen 1988 und 1994 ausgegraben wurden und in die ältere LBK datieren, wird gegenwärtig von Eva Lenneis vorbereitet. Die Lage auf einer von dichtem Wald umgebenen kleinen Lössfläche deutet im Vergleich zu anderen Siedlungen der LBK auf einen Sonderplatz. Auffallend ist vor allem die große Anzahl von 21 „Schlitzgruben“, dabei handelt es sich um 2 m lange, 20-40 cm breite und bis zu 1,5 m tiefe Strukturen. Es gibt laut einem aktuellen Standard-Artikel Hinweise, dass sie immer wieder mit Wasser gefüllt wurden, vielleicht dienten sie daher zum Gerben von Leder, wenn auch bisher keine Spuren von Gerbsäure nachgewiesen werden konnten.

Die insgesamt vier Hektar große Siedlung von Mold, sie liegt 4 km östlich von Rosenburg, ist aufgrund geeigneter Bodenbedingungen außergewöhnlich gut erhalten und wird seit 1995 freigelegt, sie scheint sowohl in der älteren als auch in der jüngeren Phase der LBK existiert zu haben. Das keramische Material der Häuser 1-4 wurde 2006 von Kerstin Kowarik vorgestellt. Zwei Hausbefunde stechen besonders ins Auge.

Das dreiteilige Haus 1 hatte ursprünglich vermutlich eine Länge von ungefähr 42 m sowie einer Breite von 6.5 m und nimmt aufgrund seiner Dimensionen und seines zweiteiligen Speicherbodens nicht nur in Österreich eine Sonderstellung ein, es gehört zur seltenen Gruppe der „Großbauten“ innerhalb der LBK.

In den Längsgruben des möglicherweise unvollendeten Hauses 12 fanden sich Holzkohlenreste sowie mehr als 80 kg Hüttenlehm, wobei schon 2-3 kg bemerkenswert gewesen wären. Negativabdrücke von Rundhölzern belegen, dass es sich dabei um Spuren eines Hausbrandes und nicht um Ofenstücke handelt. Die Brandkatastrophe scheint sich kurz nach oder vielleicht sogar noch während der Bauzeit des Hauses ereignet zu haben, jedenfalls waren die Längsgruben und einige Pfostenlöcher nicht mit typischem dunklen, sondern mit hellem, nur anhand der Artefaktstreuung von der Geologie zu differenzierenden Material verfüllt. Vielleicht kann dieser Befund mit Seltenheitswert neue Erkenntnisse zur Arbeitsabfolge bei der Errichtung eines Langhauses und zur kontrovers gesehenen Entstehung der Verfüllung der Längsgruben liefern.

Verwendete Literatur (Wichtigste)

 

Bánffy 2000a: The Late Starčevo and the Earliest Linear Pottery Groups in Western Transdanubia. In: Documenta Praehistorica XVII, 2000, S. 173-185

Bánffy 2000b: Starčevo und/oder LBK? In: Varia neolithica I, 2000, S. 47-59

Grömer 2001: Jungsteinzeit im Großraum Linz. Siedlungs- und Grabfunde aus Leonding. Linzer archäologische Forschungen 33. Nordico: Linz 2001

Kowarik 2006: Die Keramikfunde der Häuser 1-4 aus der bandkeramischen Siedlung von Mold in Niederöstereich. Diplomarbeit: Wien 2006

Lenneis 2000a: Hausformen der mitteleuropäischen Linearbandkeramik und des balkanischen Frühneolithikums im Vergleich. In: Karanovo III, 2000, S. 383 – 388

Lenneis 2000b: Interkulturelle Gruppengrenzen – Überlegungen auf der Basis der Regionalisierung in der jüngeren Linearbandkeramik. In: Varia Neolithica I, 2000, S. 77-80

Lenneis 2001: The beginning of the Neolithic in Austria – a report about recent and current investigations. In: Documenta Praehistorica XVIII, 2001, S. 99-116

Lenneis 2003a: Die frühneolithische Besiedlung Österreichs im Bezug zur natürlichen Umwelt. In: Festschrift für Jens Lüning. IUF Köln, 2003, S. 279-292

Lenneis 2003b: Nachweise von Keszthely-Keramik in Österreich. In: Morgenrot der Kulturen. Archaeolingua: Budapest 2003, S. 207-222

Lenneis 2004a: Erste Anzeichen der Regionalisierung sowie Nachweise von Fernkontakten in der älteren Bandkeramik. In: Antaeus 27, 2004, S. 47-60

Lenneis 2004b: Architecture and settlement structure of the early linear pottery culture in East Central Europe. In: Symposium “Origins of the LBK”, British Archaeological Reports, International Series 1304, 2004, S. 151-158

Lenneis 2004c: Ein unvollendet(?) abgebranntes Haus der Linearbandkeramik aus Mold bei Horn. In: AÖ 15/2, 2004, S. 16-18

Lenneis 2005: Die „Einheitlichkeit“ der frühen Bandkeramik – Forschungsstand oder Realität? In: Lüning (Hrsg.): Die Bandkeramik im 21. Jahrhundert. Leidorf: Rahden 2005

Lenneis 2006: Die Bedeutung von Prellenkirchen für die Erforschung der älteren Linearbandkeramik in Österreich. In: AÖ 17/2, 2006, S. 13-20

Lenneis/Harrer 2001: Die ersten Nachweise der älteren Linearbandkeramik und andere wichtige Neufunde des Frühneolithikums aus dem Raum Melk, Niederösterreich. In: ÄO 12/1, 2001, S. 31-38

Mateiciucová 2001: Silexindustrie in der ältesten Linearbandkeramik-Kultur in Mähren und Niederösterreich auf der Basis der Silexindustrie des Lokalmesolithikums. In: From the Mesolithic to the Neolithic. Archaeolingua: Budapest 2001, S. 283-299

Mateiciucová 2002: Silexartefakte der ältesten und älteren LBK aus Brunn am Gebirge, Niederösterreich. (Vorbericht). In: Antaeus 25, 2002, S. 169-187

Pieler 2006: Eine Siedlung der Vornotenkopfkeramik aus Mörtersdorf, VB Horn. In: AÖ 17/2, 2006, S. 21-30

Sauter/Stadler/Varmuza et al. 2002: Chemical Analysis of organic material found in traces on an neolithic terracotta idol statuette excavated in Lower Austria. Publiziert in: Studies in Organic Archaeometry. V. ARKIVOC 2002, S. 54-60. Online im Internet: http://winserion.org/Stadler/2002a.pdf [Stand 21.11.2006]

Simon 2002: Das Fundmaterial der frühesten Phase der transdanubischen Linienbandkeramik auf dem Fundort Zalaegerszeg-Andráshida, Gébarti-Tó, Arbeitsplatz III. In: Antaeus 25, 2002, S. 193-198

Stadler 2002: Frühneolithische Fundstellen von Brunn am Gebirge, Flur Wolfholz, NÖ. 11.12.2002. Homepage im Internet: http://www.nhm-wien.ac.at/nhm/Prehist/Stadler/Brunn/Brunn_g.html [Stand 20.11.2006]

Stadler 2004b: Settlement of the Early Linear Ceramics Culture at Brunn am Gebirge, Wolfholz site. Publiziert in: Documenta Praehistorica XXXII, 2005, S. 269-278. Online im Internet: http://winserion.org/Stadler/2004b.pdf [Stand 22.11.2006]

Stäuble 2005: Häuser und absolute Datierung der ältesten Bandkeramik. UPA 117. Habelt: Bonn 2005


[1] Bánffy 2000a+b, Lenneis 2004a, Simon 2002

[2] Lenneis 2001, 2003a

[3] Lenneis 2001, 2003b, 2004b, Mateiciucová 2002, pers. Mitteilung Franz Pieler und Pieler 2006, Sauter/Stadler/Varmuza et al. 2002, Stadler 2002, 2004b

[4] Lenneis 2001, 2004a, 2006, Mateiciucová 2001, 2002

[5] Lenneis 2000a, 2004b, Stadler 2004b, Stäuble 2005

[6] Lenneis 2004a, 2005

[7] Lenneis 200b

[8] Lenneis 2003b, Lenneis/Harrer 2001

[9] Grömer 2001, S. 62f

[10] Kowarik 2006, Lenneis 2001, 2004c. Zum aktuellen Forschungsprojekt: FWF (Hrsg.): Zurück in die Steinzeit: Wie lebten die ersten Bauern? 16.10.2006. Online im Internet: http://www.fwf.ac.at/de/public_relations/ press/pv200610-de.html [Stand 18.11.2006], DerStandard (Hrsg.): Bauern der Jungsteinzeit auf der Spur. 18.10.2006. Online im Internet: http://derstandard.at/?id=2626236 [Stand 18.11.2006]

Download mit Abbildungen: 2006 WS VU UG Frühneolithikum B Maurer Jakob.pdf (1194 Downloads)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert