2007 Sapropelit und Gagat

Es handelt sich petrologisch gesehen um völlig unterschiedliche Schmucksteine, die eines gemeinsam haben, eine dunkelbraune bis schwarze Färbung. Da die Identifikation makroskopisch oft nur schwer bzw. gar nicht möglich ist, wurde hier in der Eisenzeit und lange auch in der Forschungsgeschichte nicht konsequent differenziert.

Der Begriff Lignit sollte heute vermieden werden, da er in der älteren Literatur durchwegs falsch angewendet wurde.

Sapropelit ist ein Faulschlammsediment, das sich in Flachmeeren oder stehenden Gewässern aus Wasserorganismen unter Luftabschluss gebildet hat. Mitunter werden auch stark bitumige Kalk-, Schiefer- und Schlufgesteine so bezeichnet, wobei aber vor allem die Tonschiefer manchmal auch als eigene Gesteinssorte gewertet werden. Auf jeden Fall besteht Sapropelit immer aus organischem und anorganischem Material, wobei ihm der hohe Fett- und Wachsanteil ein glänzendes Aussehen verleiht. Im trockenen Zustand spaltet er leicht oder bricht schuppig auf.

Gagat ist petrologisch eindeutiger definiert, es handelt sich um durch Humusgel oder Bitumen imprägniertes Holz, das sich in einem späten Braunkohlen- bzw. frühen Steinkohlenstadium befindet. Er ist völlig homogen, matt glänzend, hervorragend polierbar und besitzt einen muscheligen Bruch. Da er nur in kleinen linsenförmigen Einschlüssen vorkommt, ist er prädestiniert für die Verarbeitung zu Schmuck, die zeitliche Spannweite reicht von altsteinzeitlichen Skulpturen bis hin zur Trauerschmuckproduktion des 19. Jhdts.

Archäologisch sind natürlich immer die Herkunftsorte des Materials besonders interessant, da sich dadurch Handelsverbindungen nachweisen lassen. Die Bestimmung kann mikroskopisch, chemisch, palynologisch oder algenkundlich geschehen. Wegen der vielen verschiedenen Entstehungssituationen wären umfangreiche Vergleichsstudien notwendig, gegenwärtig ist die Lokalisierung der Lagerstätten teilweise leider noch problematisch.

Während früher meistens böhmische Steinkohlevorkommen um Kladno als Hauptquelle angesehen wurden, werden mittlerweile häufiger unter anderem elsässische und württembergisch-bayrische Lagerstätten genannt. Das Spektrum dürfte jedenfalls vielfältig sein. Rochna und Mädler behaupten beispielsweise in den 70er Jahren, dass ein Armreiffragment vom Dürrnberg bei Hallein aus englischem Material verfertigt wäre und ein Rohstück aus Flözen der Umgebung von Leoben in der Steiermark stammen könne.

Sapropelit und Gagat lassen sich gut schnitzen und durchbohren, auch die Bearbeitung auf einer Drechselbank ist bereits mehrmals nachgewiesen. Die umfangreichsten bekannten Werkstattbelege stammen bisher aus dem Manchinger Oppidum, aber auch in anderen Siedlungen, in Österreich etwa am Dürrnberg, ist die Produktion nachgewiesen. Es wurde also eher das Rohmaterial vermutlich in Plattenform transportiert und dann vor Ort nach Geschmack verarbeitet, meistens so, dass die Schichtung – so denn vorhanden – parallel zur Ringbasis liegt.

Die verschiedenen Rohmaterialien haben zwar keine chronologische Relevanz, sie eignen sich aber unterschiedlich gut für die Verarbeitung. Während aus Tonschiefern ausschließlich Armringe hergestellt wurden, wurden aus Sapropelit auch Armbänder und Perlen produziert. Aus dem maserungsfreien Gagat wurden besonders qualitative Objekte gefertigt.

Die geläufigste Form sind die Armringe, die nach der Definition von Rochna eine Höhe von maximal 2,4cm besitzen dürfen – die Produktion dürfte spätestens in HaC2 beginnen und sich während der gesamten Latènezeit fortsetzen. Der Schwerpunkt des Armschmucks liegt nach Rochna in HaD, zu den Armringen kommen hier auch noch von ihm nach ihrer Höhe gegliederte Armbänder hinzu, die bis zu 19cm lang sein und den ganzen Unterarm bedecken können. Es gibt Indizien, dass insbesondere diese tonnenförmigen Armbänder teilweise mit Leder gefüttert waren. Der Querschnitt kann D- bis lanzettförmig oder oval sein. Die Gestaltung ist relativ einfach, nur wenige Exemplare sind mit umlaufenden Rillen verziert. Die Ringe sind außen in der Regel fein poliert und innen mehr oder weniger stark abgetragen. In der späten Hallstattzeit ist der Formenschatz am vielfältigsten, so existieren etwa auch Schmuckperlen, die mitunter als Nadelaufsatz zu interpretieren sind oder in Stückzahlen bis 200 ein Collier bilden konnten. Abgeflachte Gagatkugeln wurden mit Metallstiften befestigt als Anhänger getragen, so zum Beispiel an einem goldenen Kopfschmuck aus dem Wagengrab von Gunzwil. Die dunkelfarbigen Steinobjekte wurden auch mit Schmuck aus Bernstein, Metall oder Glas kombiniert und gemeinsam getragen.

Auffällig ist der oft sehr geringe Durchmesser des Armschmucks, der sich vielleicht mit der Kleinstückigkeit des Rohmaterials erklären lässt – er deutet auf Kinderhände hin.

Reparierte Stücke – teilweise kam Metalldraht zum Einsatz – belegen die ihm entgegengebrachte Wertschätzung. Aus Deutschland ist sogar ein aus zwei zu verschiedenen Ringen gehörigen Fragmenten zusammengesetztes Exemplar bekannt.

Mit Beginn der Latènezeit werden die Formen reduzierter, es kommen nur mehr rundstabige Armringe vor. Mit dem allmählichen Technikfortschritt in der Latènekultur verbindet sich in weiterer Folge die zunehmend feinere Gestaltung und Profilierung der Ringe. Vor allem Frauengräbern befinden sie sich in über 85% der Fälle am linken Arm der Trägerin, ab LtC kamen sie aus der Mode und wurden zunehmend von Glasarmschmuck verdrängt. Siedlungsfunde scheinen aber ein Weiterlaufen bis in die Römische Kaiserzeit zu belegen.

Literatur:

Banerjee/Hampel, Bemerkungen zur Verwendung des Gagats (…), ArKorrBl. 1996.

Grasselt/Volkmann, Latènezeitlicher Ringschmuck aus Thüringen, Alt-Thüringen 1991.

Kaufmann, Weiterer Sapropelitschmuck aus Nordwestsachsen, ArbFBerSächs 1995.

Klug, Sapropelitfunde aus der befestigten Höhensiedlung von Ihringen, Arch. Nachr. aus Baden 1995.

Pieler, Gagat, Manuskript o.J.

Rochna, Zur Herkunft der Manchinger Sapropelit-Ringe, Germania 1961.

Rochna, Hallstattzeitlicher Lignit- und Gagatschmuck, Fundberichte aus Schwaben 1962.

Rochna, Die Sapropelit- und Gagatfunde vom Dürrnberg, Münch. Beitr. z. Vor- u. Frühgeschichte 1974.

Rochna, Urgeschichtlicher Schmuck aus Tonschiefer, Gagat und Lignit, HelvA 1984.

Wigg, Schmuck aus Bernstein, Tonschiefer, Lignit und Gagat. In: Hundert Meisterwerke kelt. Kunst, Trier 1992.

2 Antworten zu 2007 Sapropelit und Gagat

  1. Barbara Bassler-Veit sagt:

    Tolle Seite. Die Herkunft des Gagat bietet sicher noch viele Möglichkeiten für Forschungsansätze. Besonders in Richtung Handelswege. Vielen Dank. Hat mir weitergeholfen.

  2. Gagat, Sapropelit, Ölschiefer… sind nur organisch petrologisch (mikroskopisch) bestimmbar und definierbar (siehe Website)!
    Ja, der Begriff Lignit sollte heute vermieden werden!

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