Definition und Systematik[1] Die Begriffe Depot und Hort werden in der Bronzezeitforschung anders als etwa in der Frühgeschichte synonym verwendet. Um was es sich dabei handelt wird unterschiedlich streng definiert, die folgende Erklärung ist vergleichsweise offen: Die Bezeichnung ‚Depotfund‘ […] ist im Prinzip ein Sammelbegriff für alle die Fundtypen, die aus irgendeinem Anlass absichtlich in die Erde, in Mooren oder Gewässern niedergelegt wurden und nichts mit Bestattungen zu tun haben. Die Bezeichnung weist auf die Handlung des Niederlegens hin, besagt aber nichts über den Platz und den Zweck dieser Handlung“.[2] Die weitere Unterteilung der Fundgruppe ist mit gewissen Schwierigkeiten verbunden, da wir die hinter der Deponierung stehende Motivation nicht direkt erkennen können. Sinnvollerweise entwickeln wir eine rein objektiv die Zusammensetzung erfassende Systematik, auf der dann in einem zweiten Schritt eine Interpretation aufgebaut werden kann. Eggert unterscheidet etwa zwischen geschlossenen und nicht geschlossenen Mehrstück- sowie Einstückhorten. Vor allem in der älteren Literatur wird die Interpretation oft schon durch die verwendeten Begriffe vorweggenommen, geläufig sind u.a. die folgenden: v Depot, Hort (eher in D gebräuchlich), Hoard (engl.), Collectivfund, Moorfund, Einzelfund. v Opfergabe, Votivgabe, Weihefund. v Schatzfund, Hausschatz, Familienvermögen, Siedlerdepot, „Angstdeponierung“. v Warendepot, Verwahrfund, „Depot mit Musterkollektion“, Händlerdepot. v Brucherzdepot, Ringbarrendepot, Rohmetalldepot, Materiallager, Schmiededepot, Gießerhort, Gussstätte, Werkzeugdepot. v Keramikdepot, Gefäßdepot, Töpferdepot, Töpfergrube. In der moderneren Forschung wurde bis in jüngste Zeit der von Frauke Stein 1976 für Süddeutschland entwickelte Ansatz verwendet. Sie teilt die Depots in Rohmaterialhorte, Fertigwarenhorte mit Untergruppen[3] und Brucherzhorte. Diese Klassifizierung war aber für die gesamte Bronzezeit gedacht und die Zuordnung frühbronzezeitlicher Depotfunde manchmal schwierig, da etwa Ringbarren sowohl als Rohmaterial als auch als überschmiedetes Fertigprodukt, also als Schmuck interpretierbar, gemeinsam vorkommen können. Von Alexandra Krenn-Leeb, die an einer Neuaufnahme aller zirka 135 bekannten österreichischen Komplexe arbeitet, wurde daher 2006 in Archäologie Österreichs eine differenziertere Kategorisierung speziell der frühbronzezeitlichen Depots vorgeschlagen, nach der auch dieses Referat gegliedert ist. Bei den Metalldepots unterscheidet sie zwischen Ringbarren-, Ringbarrenmisch-, Spangenbarren- und Beildepots sowie drei Typen von Ausstattungsdepots. Die Entdeckung der Scheibe von Nebra hat die Forschung in diese Richtung ordentlich angekurbelt. Ringbarrendepots (58 Komplexe)[4] Mit 58 Fundkomplexen machen die reinen Ringbarrendepots fast die Hälfte der frühbronzezeitlichen Depotfunde Österreichs aus. Die Barren wurden aus im offenen Herdguß hergestellten stabförmigen Gußstücken geschmiedet und kommen mitunter im selben Depot in verschiedenen Bearbeitungsstadien vor. Die Forschung differenziert zwischen Ringbarren, die häufig einen unregelmäßigen Querschnitt haben, und Ösenhalsringen, die glatt bzw. rundstabig ausgeschmiedet oder auch zweiteilig gegossen sind. Der durch Gewichtsnormierung eindeutig gegebene prämonetäre Charakter von Ring(und Spangen-)barren wurde von M. Lenerz-de Wilde statistisch untersucht, wobei sie für Österreich eine Spannweite von 165-235g bei einem Mittelwertsgewicht von rund 200g angibt. Das bisher umfangreichste Ringbarrendepot kam 2004 bei einer HL-AG Grabung in Perschling (NÖ) zu Tage – es umfasst annähernd 250 Barren mit einem Gesamtgewicht von 51kg. Zwischen 170 und 210g streuend findet sich die stärkste Konzentration der Gewichtsverteilung der nicht fragmentierten Stücke im Bereich um 190g. Bei sorgfältig dokumentierten Depots wie diesem lässt sich oft eine Bündelung, meist zu 5 oder auch zu 10 Stück, nachweisen. Unter anderem beim Ringbarrenmischdepot Ragelsdorf 2 haben sich in der Patina davon sogar Schnurabdrücke erhalten, auch Rindenbastumwicklungen sind in Mitteleuropa nachgewiesen. Die Bündel wurden in kleinen Gruben niedergelegt, in Lagen übereinander oder auch regelrecht ringförmig mit den Öffnungen zueinander, wobei zumindest für Ragelsdorf 2 eine dunklere bandförmige Verfärbung die Deponierung in einem Ledersack annehmen lässt. Besonders bekannte Ringbarrendepots sind neben Perschling Unterradlberg 1 (Mittelwert 195,61g) und 2 (196,2g) sowie Ossarn (199,2g). Die meisten lassen sich der Aunjetitz- und der Unterwölbling-Kultur sowie dem Straubinger Einflussbereich zuordnen. Ringbarrenmischdepots (10 Komplexe)[5] In den 10 bekannten Ringbarrenmischdepots überwiegt zwar die Anzahl der Barren, es finden sich zusätzlich aber auch noch andere Formen von Metallobjekten, meist Armspiralen und/oder Randleistenbeile. Im bereits erwähnten Depot von Ragelsdorf 2 (mind. 153 Objekte), das innerhalb einer frühbronzezeitlichen Siedlung vergraben worden war, fand sich zuunterst ein Bündel von 10 Ringbarren, auf das von der einen Seite ein Stapel von 5 und von der anderen Seite ein Stapel von 2 ineinander gepressten Spiralarmreifen geschoben war. Das Mittelgewicht der Armspiralen beträgt 190g und das der normalen Ringbarren 171g. Zwei der Barren (188 bzw. 192g) sind offensichtlich zum Zweck der Gewichtskorrektur mit Manschetten aus Draht bzw. Blech ummantelt. Es waren aber auch 11 Ösenhalsreifen mit einem annähernd doppelt so hohen durchschnittlichen Gewicht von 357g enthalten! Auch bei dem im Herbst 2003 geborgenen Ringbarrenmischdepot von Fels am Wagram verblüfft die statistische Aufnahme, das Durchschnittsgewicht der vollständigen Ringbarren (200,67g) entspricht demjenigen der drei enthaltenen Randleistenbeile (200,33g)! Nach Einschätzung von Alexandra Krenn-Leeb werden sich die Ringbarrendepots nach erfolgter Neuaufnahme in zahlen- bzw. gewichtsmäßige Gruppierungen einteilen lassen, während die Anzahl der Ringbarrenmischdepots noch zu gering ist, als dass entschieden werden könnte, ob es sich dabei einfach um eine Anreichung prämonetärer Zahlungsmittel handelt oder ob die Zugabe von Fremdformen gezielt erfolgte. Spangenbarrendepots (18 Komplexe)[6] Die Unterscheidung zwischen Ring- und Spangenbarren bezieht sich auf die Form und begründet sich zeitlich – Spangenbarren haben sich aus den Ringbarren entwickelt, sind jünger und dem Böheimkirchen-Věteřov Horizont zuzurechnen. Es gibt sie in drei verschiedenen Ausprägungsarten, der massive c-förmige Typ kommt vor allem im Salzburger Raum vor. Der berühmteste Fundort ist Obereching mit vier Depots innerhalb einer sich rund 100 m entlang eines Terrassenrands erstreckenden frühbronzezeitlichen Siedlung (ein Depot war sogar unter dem Fußboden eines Ständerbaus vergraben). Rund 90% der ca. 500 Barren weisen ein Gewicht zwischen 170 und 220g auf, wobei aber besonders die Übereinstimmung der Mittelwerte der einzelnen Depots überraschend ist, sie weichen nur maximal 1,5g von 195,3g ab! Fritz Moosleitner gibt an, dass sich die Gewichtsunterschiede der einzelnen Spangenbarren durch unterschiedliche Reinheitsgrade des Kupfers erklären lassen, ihr Volumen sei hingegen annähernd gleich und wohl ein Gußlöffel als Maß verwendet worden. Tendenziell jünger nach Lenerz-de Wilde sind Miniaturspangenbarren sowie papierdünn ausgehämmerte, an den Ende und in der Mitte verdickte Spangenbarren. In Böheimkirchen (VB St. Pölten) konnte auch für diese eine 5er-Bündelung nachgewiesen werden, es kamen dort bislang vier Depots zu Tage. Diese Entwicklung vom neolithischen Halsschmuck hin zu einer zunehmend miniaturisierten Barren- und gewichtsnormierten Geldform, die letztlich von fragmentierten Metallen (Brucherz) abgelöst wird, stellt nach Lenerz-de Wilde die Kette Schmuck-Ringgeld-Kümmerform, eine der klassischen Entstehungslinien von Geld, dar. Beildepots (7 Komplexe)[7] Beildepots bestehen meist aus 2 bis 3 Objekten, so etwa das Depot von Salzburg Rainberg, bei dem 2 Randleistenbeile parallel nebeneinander lagen und ein drittes quer darüber. Klare Hinweise auf eine Gewichtsnormierung konnten bei den Beilformen zumindest von Lenerz-de Wilde nicht gefunden werden, auch nicht bei dem 170 Gussrohlinge umfassenden Depot von Niederosterwitz. Es sei aber auf die mögliche Gewichtsnormierung beim neu entdeckten Ringbarrenmischdepot (siehe dort) von Fels am Wagram hingewiesen. Ausstattungsdepots (26 Komplexe)[8] In Ausstattungsdepots sollte die Anzahl der Trachtbestandteile diejenige der Ringbarren übertreffen, wobei die Zuordnung zu den einzelnen von Alexandra Krenn-Leeb definierten Subkategorien durch die oftmalige Unvollständigkeit erschwert wird. Ähnlich wie die Barrendepots wurden sie meist in kleinen Gruben verstaut, häufig zusätzlich in Gefäßen. Sie haben aber keinen prämonetären Charakter. -mit nur einem Typ Beispiele für diese Variante sind 14 offene Armreife aus Straßwalchen (Sbg.) oder ursprünglich 12 Scheibenkopfnadeln aus Tulln. -mit Trachtbestandteilen Diese häufigste Form des Ausstattungsdepots kann Blech- und Drahtfundtypen wie beispielsweise Spiralarmreife, -röllchen und -fingerringe, Noppen- und Schleifenringe, Brillenspiralen und Nadeln sowie fertig überarbeitete Ösenhalsreife beinhalten. Der im Juli 2005 beim Nordautobahnbau geborgene Depotfund von Ulrichskirchen umfasst etwa 74 Ösenhalsreife und Fragmente, 13 massive Spiralröllchen sowie eine bemerkenswert große Scheibenkopfnadel, die verbogen wurde, um Platz in einem Keramikgefäß der Aunjetitz-Kultur zu finden. Die Spiralröllchen und vor allem die Nadel sind im Vergleich zu Funden aus Grablegen eindeutig überdimensioniert, möglicherweise wurden sie extra für die Niederlegung angefertigt. -mit Prestigegütern In Ausstattungsdepots mit Prestigegütern kommen zusätzlich zu außergewöhnlich gut gearbeiteten Trachtbestandteilen auch noch weitere sehr repräsentative Einzelstücke mit hohem Metallwert vor, die sonst nur aus Grablegen von Eliten bekannt sind, etwa Dolche, Beile, prunkvolle Meißel und Objekte aus Bernstein oder Gold. Gegossene, verzierte, runde Bronzescheiben und Boroticer Armmanschetten sind sogar ausschließlich aus derartigen Depots bekannt. Eine in einer Armmanschette steckende Schaftlochaxt wurde in Wartberg (VB Horn) aufgefunden, gleich drei reich verzierte Manschetten waren im Depot von Pfaffstätten (VB Hollabrunn) enthalten und vier in der bisher umfangreichsten Niederlegung dieser Art aus Neudorf bei Staatz (VB Mistelbach), in der sich auch ein Doppelringbarren fand. Bei einem mit 780g übergewichtigen Ringbarren aus Roggendorf dürfte es sich gleichfalls um ein Prestigeobjekt handeln. Auch sogenannte Einstückdepots, z.B. ein 50cm langer Stabdolch aus Bruck-Leitha oder ein Vollgriffdolch aus Maiersdorf, werden zu den Ausstattungsdepots mit Prestigegütern gezählt – sie wurden gewiss nicht zufällig verloren. Auffällig ist die herausragenden Bestattungen ähnliche Zusammensetzung vieler Austattungsdepots. Sogenannte „Überausstattung“ ist durch ein besonders umfangreiches Typenspektrum, das Vorkommen von reinen Prestigeobjekten, die Überdimensionierung von Objekten hinsichtlich Größe, Gewicht und Rohmaterial (z.B. Gold statt Bronze) sowie das mehrfache Vorkommen eines einzelnen Fundtyps gekennzeichnet. Viele Dolche in einem Grab geben vermutlich weniger einen Hinweis auf viele Männer als das sie eine besondere Eigenschaft des Verstorbenen betonen. Der Vergleich wird zwar durch die fast lückenlose Beraubung der meisten frühbronzezeitlichen Gräberfelder Ostösterreichs erschwert, überreiche Grablegen dürften aber sowohl im Gebiet der Aunjetitz- und Unterwölbling- als auch der Wieselburg-Kultur vorhanden gewesen sein. 17 der 26 bekannten Ausstattungsdepots gehören zur Aunjetitz-Kultur, bemerkenswert ist ihr bisheriges Fehlen in der Unterwölbling-Kultur, aus der hingegen einige besonders reiche Grablegen bekannt sind. Interpretation[9] Anders als bei Siedlungsresten und Grablegen haben wir bei Depotfunden große Interpretationsspielräume, was die Motivation betrifft, die zur Niederlegung geführt hat. Am Besten lässt sich anhand einiger Extrembeispiele der Forschungsgeschichte darstellen, wie stark das Bild des Archäologen verschiedenen Zeitströmungen unterworfen ist. Geprägt durch den ersten Weltkrieg brachte der deutsche Prähistoriker P. Reinecke die Depotfunde mit kriegerischen Ereignissen gegen Ende der frühen Bronzezeit in Zusammenhang, eine Deutung, die nach dem zweiten Weltkrieg von F. Holste aufgegriffen wurde – 1953: „Aus der Häufung der Funde an den Talausgängen glaubt man fast die Front zu erkennen, an der sich diese Auseinandersetzungen abspielten“.[10] 1979 schloss M. Menke aus der großen Anzahl von Bronzen in südbayrischen Hortfunden, dass diese hauptsächlich produziert worden wären, um sie im Boden vergraben den Göttern zu opfern. Eine besondere Blüte wurde 1980 vom Briten O’Shea vorgestellt: Eine landwirtschaftlich strukturierte Bevölkerung hätte auf wirtschaftlichen Druck mit dem Hamstern von Wertgütern reagiert, von denen ein Teil entsorgt werden hätte müssen, um einer inflationären Entwicklung zu entgehen. In Wirklichkeit spiegelt sich in dieser Regulierung der Kursverfall der britischen und irischen Währung in den 70ern und beginnenden 80ern des 20. Jhdts. Eine wesentliche Streitfrage ist, ob Depots kultisch oder profan zu deuten sind. Zusätzlich zur Feststellung, dass die Verbindung zwischen religiöser Vorstellung und täglichem Leben früher wohl eine wesentlich stärkere war und auch heute nicht alles klar zuordenbar ist (Münzen in einem Opferstock in der Kirche haben wirtschaftliche und religiöse Relevanz), verdeutliche ein Vergleich mit einem rezenten Fund die auftretenden Schwierigkeiten: In einem dunklen Winkel der Unterkirche von St. Stephan in Baden bei Wien konnte der Verfasser 12 Reichspfennig- bzw. Groschenmünzen vom Boden auflesen (letzte Prägung 1944), wahrscheinlich wurden sie von einem Ministranten gegen Kriegsende dort versteckt. Der Vergleich mit den Ringbarrendepots drängt sich insofern auf, als es sich eindeutig um Wertgegenstände von monetärem Charakter mit einer möglicherweise vordefinierten Gesamtzahl (ein Dutzend) handelt. Hatte der kleine Ministrant vielleicht Angst vor den anrückenden Roten Armee und hinterlegte sein bescheidenes Vermögen an einem sicheren Ort? Oder war es ein in irgendeiner Form religiös motiviertes „Münzopfer“? Obwohl der Deponierungsakt nur 60 Jahre zurückliegt und sich die Vorstellungswelt nicht allzu sehr gewandelt hat, ist die Unterscheidung wegen der fehlenden historischen Überlieferung nicht mehr sicher möglich (wenn auch der Auffindungsort eher für eine nicht-profane Deutung spricht). Mit Hilfe von antiken Quellen auf die Deponierungsintentionen der frühen Bronzezeit rückzuschließen, ist aufgrund der Zeitdifferenz noch problematischer, zudem kam es während der mittleren Bronzezeit zu einem Traditionsbruch – die Sitte der Metalldeponierungen verschwand zwischenzeitig fast völlig. Die aktuelle Forschung will die Metalldeponierungen aufgrund mehrerer Indizien in den kultisch-religiösen Bereich stellen, wenn sie auch im Einzelfall profane Erklärungen nicht ausschließt. Solche sind etwa die Aufbewahrung von Vermögen, das Verbergen in Krisenzeiten (Seuchen, Krieg, …) oder die Anlage von Metallrücklagen durch Handwerker. Das Phänomen der Metalldeponierungen beschränkt sich allerdings auf Mitteleuropa und endet im wesentlichen mit der Frühbronzezeit und es ist nicht ganz einsichtig, warum nur Personen dieses Raumes bzw. dieser Jahrhunderte ihrer Aufgabe nicht gewachsen gewesen sein sollen und aus wirtschaftlichen Gründen ständig ihr Metall vergruben, dass sie dann nicht mehr heben konnten. Eines der bedeutendsten Argumente gegen eine ökonomische Verwahrung ist nach A. Krenn-Leeb die normierte Zusammensetzung besonders der Ausstattungsdepots, in denen etwa von den vielfältigen Nadeltypen der Frühbronzezeit ausschließlich die Scheibenkopfnadel vorkommt, während umgekehrt wiederum die massiven Bronzescheiben nie in Grablegen mitgegeben wurden. Manche besonders prestigeträchtige Formen wie die kaum mehr funktionale Scheibenkopfnadel von Ulrichskirchen scheinen extra für die Niederlegung angefertigt worden zu sein. Dass diese Nadel verbogen wurde, um in ein Gefäß zu passen, könnte auf eine irreversible Deponierungsintention mit kultischem Hintergrund hindeuten. Gegen eine Interpretation als „Gießerdepot“ spricht, dass in den frbz. Depots im Unterschied zur Spätbronzezeit kaum Altmetallformen vorkommen. Andere ins Treffen geführte Argumente sind ambivalenter Natur. Auffallend ist, dass sich viele Depots im Nahbereich oder im Inneren von Siedlungen befinden, manchmal anscheinend sogar unter dem Fußboden von Häusern. Mitunter lassen sich auch regelrechte Deponierungsareale feststellen. Dass diese nicht wie die Gräber der Zeit systematisch ausgeplündert wurden, ist vielleicht ein Hinweis auf eine Tabuisierung ritueller Niederlegungen, allerdings ist zu bedenken, dass wieder gehobene Depots archäologisch kaum nachweisbar wären. Die Deponierung an markanten Punkten passt gleichfalls sowohl kultisch als auch profan und auch der prämonetäre Charakter und die Normierung von Barrendepots sind zweideutig. Das ähnliche Durchschnittsgewicht der gesamten Depots könnte sich m. E. vielleicht auf eine Gewichtsnormierung der einzelnen Barrenbündel zurückführen lassen, es wären jeweils leichtere und schwerere Exemplare miteinander verschnürt worden. O.H.Urban macht beispielsweise darauf aufmerksam, dass es sich bei Obereching um einen Umschlagplatz am Beginn der schiffbaren Salzach handeln könnte und sich die 20 bis 25kg wiegenden vier Depots gut als Traglast eignen würden, was einer religiös-kultischen Interpretation freilich nicht unbedingt widerspricht. Eine weitere Art der Opferung von Metallgegenständen ist das Versenken in Gewässern, wobei der Großteil der derartigen frühbronzezeitlichen Funde aus der Donau bei Grein stammt. Auch hier könnten Katastrophenereignisse zur Erklärung herangezogen werden, die Bearbeiterin M. Pollak geht aber von einer gezielten Versenkung vom Boot aus. Da für uns nicht das Kultgeschehen selbst, sondern nur dessen Resultat fassbar ist, gibt es zu Depots verschiedene Überlegungen wie „Opfer an eine Gottheit“, „Gelübdegabe“, „Selbstausstattung für das Jenseits“ und „Bauopfer“. In manchen Fällen könnte es sich auch um vergrabenes Kultgerät handeln („sakraler Abfall) oder um Totenbeigaben ohne Grabkontext. Nach Ansicht von A. Krenn-Leeb lässt sich konzeptionell zwischen den Metallwertniederlegungen unterscheiden, die in Zusammenhang mit der sich verbreitenden Metallurgie soziale und technische Innovation widerspiegeln, und den über den reinen Metallwert hinausgehenden Ausstattungsdepots, die stärker mit einem Legitimations- und Repräsentationszwang von Eliten in Verbindung zu bringen wären. Keramische Gefäßdepots (10 Komplexe)[11] In der Depotfunddiskussion lange weitgehend außer Acht gelassen wurden die keramischen Gefäßniederlegungen. Durch die verfeinerten Ausgrabungsmethoden sind sie heute besser als früher von profan geprägten Keramikansammlungen abzugrenzen. Sie unterscheiden sich von den Metalldepots durch den an sich nicht so wertvollen Rohstoff und dadurch, dass sie in die Mittelbronzezeit weiterlaufen. In den meisten Fällen handelt es sich um eine auf engstem Raum sorgfältig niedergelegte bzw. gestapelte, fast regelhafte Kombination von 2 bis 3 Gefäßtypen, wobei oft viele kleine Schöpf- bzw. Trinkgefäße mit wenigen größeren Gefäßen vergesellschaftet sind. Das mindestens 7 Schüsseln und 65 Tassen der Leithagruppe umfassende Depot von Enzersdorf a.d. Fischa wurde im Mai 1996 von A. Krenn-Leeb und M. Krenn geborgen, es ist im Institut ausgestellt. Es waren jeweils 6-9 Tassen in eine Schüssel gestellt und zumindest z.T. mit einer umgedrehten Schüssel zugedeckt anscheinend in einer runden Grube innerhalb einer Siedlung deponiert worden. Qualität und Aufbau der Gefäße sind sehr einheitlich. In Ratzersdorf (VB St. Pölten) fanden sich große Töpfe und Tassen gleichfalls in einer kreisrunden Grube und in der Hoffmannshöhle von Bad-Fischau (VB Wiener Neustadt) sechs kleine Krüge in einer locker verfüllten Nische. Früher wegen eines Glättsteins als Töpferdepot angesprochen wurden 17 relativ vollständige Gefäße aus Unterwinden, die in einer gesonderten Vertiefung am Boden einer Grube aufgefunden worden waren. Keramikdeponierungen wurden 1969 von Clemens Eibner mit rituellen Handlungen in Verbindung gebracht, er denkt an die pietätvolle Entäußerung von bei kultischen Umtrünken genutzten Keramiken. Da bei der Deponierung der oft fragilen Gefäße im Erdboden trotz der mitunter sorgfältigen Abdeckung mit einem Substanzverlust zu rechnen ist, werden sie als „sakraler Abfall“ von Libationshandlungen angesehen, der einem Verwendungstabu unterliegt. Die Rituale sind nicht weiter fassbar, möglicherweise waren die Gefäße vor oder während der Niederlegung mit Getränken oder auch Speisen befüllt, vielleicht auch in organisches Material eingepackt. Leider konnten bisher entweder wegen chemischen Veränderungen durch Düngemittel und Sinter oder wegen unzureichenden Beobachtungen bei der Bergung keine ehemaligen Gefäßinhalte festgestellt werden, ein Altbericht über 3 Gefäße der Leithagruppe mit weißlichem, rötlichem bzw. sehr dunklem Erdinhalt wirkt dubios. Wenn man die ursprüngliche Anzahl von vmtl. 80 bis 100 Gefäßen im Depot von Enzersdorf a.d. Fischa in Betracht zieht, könnten an den Ritualen durchaus größere Personengruppen beteiligt gewesen sein. Gefäßdepots dieser Art wurden in Österreich bisher ausschließlich im süddanubischen Bereich der Unterwölbling- und Wieselburg-Kultur sowie der Leithagruppe und der Litzenkeramik entdeckt, eine leichte Häufung in der Stufe Gemeinlebarn I könnte nach A. Krenn-Leeb gewisse agrarisch geprägte Traditionen zu Beginn der Frühbronzezeit markieren. Ein Neufund aus Herzogbirbaum[12] Der Verfasser hatte das Glück, im Sommer 2006 in einer frühbronzezeitlichen Siedlung in Herzogbirbaum im Weinviertel ein Gefäßdepot der Aunjetitzkultur auszugraben (Grabungsleit. F. Drost/wiss. Leit. E. Lauermann). Er dankt für die Erlaubnis von Dr. Ernst Lauermann, den Neufund in diesem Referat nach seiner Erinnerung vorstellen zu dürfen, und bittet die Zuhörer, nichts vorab zu publizieren. In zwei von ihm bearbeiteten Quadranten befanden sich etwa in rechtem Winkel zueinander vier annähernd zylindrische runde Gruben von geschätzten 150cm Durchmesser und etwa 120cm Tiefe, wobei zwei Gruben nur wenige Streuscherben aus der Verfüllung lieferten. In der dritten Grube fanden sich hingegen 15 zylindrische, axial durchlochte Webgewichte, wobei bemerkenswert war, dass der von einer nur wenige Millimeter starken dunklen Schicht bedeckte Boden schräg mit vom umgebenden hellen Lehm nicht unterscheidbaren Material anplaniert war. Die Webgewichte lagen zum Teil anscheinend nicht auf dem ebenen Boden, sondern waren von dieser hellen Verfüllung umschlossen, sie dürften gleichzeitig mit ihr in die Grube gekommen sein. Einige Zentimeter darüber, die Webgewichte nicht berührend, befand sich eine mächtige dunkelbraun-humose Ablagerung, partiell unterbrochen durch weitere helle Lehmbänder. In der weniger als einen Meter entfernten vierten Grube war die Verfüllungssituation sehr ähnlich – auf dem Grubenboden befand sich wieder eine vom umgebenden Lehm kaum unterscheidbare helle Ablagerung und darüber eine dunkelbraune humose Verfüllung. Diesmal standen aufgereiht entlang des Grubenrands direkt auf dem Boden vier auf den Mundsaum gestülpte vollständige Gefäße und am gegenüberliegenden Rand eine Reib- bzw. Unterlagsplatte. In einem der Gefäße waren zusätzlich noch fünf Aunjetitzer-Tassen gestapelt, gleichfalls mit dem Mundsaum nach unten gerichtet. Die Ähnlichkeit der Verfüllungsituationen lässt einen Zusammenhang zwischen den zwei Grubeninventaren vermuten, es scheint, als ob die Objekte relativ sorgfältig in den hellen Lehm eingebettet worden wären. Dass dieser praktisch nicht vom umgebenden geologischen Lehm zu unterscheiden war, könnte genauso wie die nur sehr schmalen dunklen Ablagerungen am Grubenboden einen Hinweis darauf geben, dass die zwei Gruben nur kurze Zeit offenstanden und zumindest in ihren unteren Bereichen mit aus ihnen entnommenem Material rasch wieder zugeschüttet wurden – was bedeuten würde, dass sie gezielt für die Deponierung ausgehoben wurden. Dieser Neufund lässt auch ein 1994 in zwei Gruben aufgefundenes Ensemble der klassischen Aunjetitz-Kultur aus Goßmugl in neuem Licht erscheinen. Dort waren auf Parz. 836/2 in Objekt 1 auf einer Unterlagsplatte stehend eine Schüssel mit einem kleinen Krug und daneben vier verkehrt deponierte Henkeltöpfe ausgegraben worden sowie in Objekt 2 ein Topf mit Fingertupfenleiste am Halsumbruch. Durch die Inkludierung von Reibplatten entspricht die Zusammensetzung beider Komplexe nicht den süddanubischen Gefäßdepots, wenn auch die höhere Anzahl der Tassen- bzw. Krugformen in Herzogbirbaum an diese erinnert. Mahlsteine und Webstuhlgewichte sind aber sehr wohl in früh- und mittelbronzezeitlichen Deponierungen – beispielsweise in St. Florian am Inn – nachgewiesen. Da Gefäßkeramik, Mühle und Webstuhl zu den wesentlichen Bestandteilen eines frühbronzezeitlichen Hauses zählen, wird ihre Deponierung in der Forschung gerne mit der Auflösung eines Haushalts etwa anlässlich eines Umzugs oder Brandes in Zusammenhang gebracht (auch die sog. „Stopfgruben“ mit fragmentiertem Kochgeschirr werden so erklärt). Unsere klare Unterscheidung zwischen kultischem Opferdepot, rationaler profaner Deponierung und Abfallentsorgung stößt hier an Grenzen und findet auch bei vielen traditionellen Gesellschaften keine Entsprechung. Im englischen Raum gibt es dazu die Überlegung von den „structured deposits“ – einer Theorie, die besagt, dass keine fixe Trennung zwischen Abfall und Depot möglich ist, sondern das zumindest ein hoher Grubenprozentsatz teilweise Formen von intentioneller Niederlegung beinhaltet. Verwendete Literatur (Wichtigste) M. Bachner und M. Lantschner 1994: Rettungsgrabungen in einer hallstattzeitlichen Siedlung in Großmugl, Flur Todtenweg. In: FÖ 1994, 253-265. G. Görmer 2002: Zur Terminologie „Hortfunde“ („Depotfunde“) und „Einzelfunde“. In: Archäologische Informationen 25/1&2, Bonn 2002, 89-90. S. Hansen 2002: Über bronzezeitliche Depots, Horte und Einzelfunde: Brauchen wir neue Begriffe? In: Archäologische Informationen 25/1&2, Bonn 2002, 91-97. S. Hansen 2002b: Überausstattung in Gräbern und Horten der Frühbronzezeit. In: J. Müller (Hrsg.), Vom Endneolithikum zur Frühbronzezeit. Muster sozialen Wandels? UPA 90, Bonn 2002, 151-173. A. Krenn-Leeb 1998/99: Ein Keramikdepotfund der Leithaprodersdorf Gruppe aus Enzersdorf a. d. Fischa. In AÖ Sonderausgabe 9/10, 1998/99, 46-68 A. Krenn-Leeb 2006: Gaben an die Götter? Depotfunde der Frühbronzezeit in Österreich. In: AÖ 17/1, 2006, 4-17. E. Lauermann 2003: Studien zur Aunjetitz-Kultur im nördlichen Niederösterreich. 2 Bände. UPA 99, 2003. M. Lenerz-de Wilde 1995: Prämonetäre Zahlungsmittel in der Kupfer- und Bronzezeit Mitteleuropas. Fundber. Baden-Würtemberg 20, 1995, 229-327. V. Lindinger 2003: Eine Gefäßdeponierung(?) der mittleren Bronzezeit aus Wien 22, Aspern. In: Fundort Wien 6, 2003, 198-210. M. Menke 1978/79: Studien zu den frühbronzezeitlichen Metalldepots Bayerns. In: Jahresber. d. bayer. Bodendenkmalpflege 19/20, 1978/79, 5−241. St. Moeslein 1998/99: Neue Depotfunde der älteren Bronzezeit aus dem oberbayrischen Alpenvorland. In: AÖ Sonderausgabe 9/10, 1998/99, 69-77. F. Moosleitner und H. Moesta 1973: Vier Spangenbarrendepots aus Obereching, Land Salzburg. ArchA 53, 1973, 26-67. J. W. Neugebauer 1994: Bronzezeit in Ostösterreich, St. Pölten-Wien 1994. J. W. Neugebauer et al. 1998/99: Zu Metall- und Keramikdepots der Bronzezeit aus dem Zentralraum Niederösterreichs. In: AÖ Sonderausgabe 9/10, 1998/99, 5-45. M. Novotná 1984: Halsringe und Diademe in der Slowakei. PBF XI, 4, 1984 O. Ondráček 1958: Uneticka keramika z Uhric, okr. Boskovice, Prehled Vyzkumu 1957, Brno 1958, 102-102 (Übersetzung Reinhard Schwarz) M. Pollak 1986: Flußfunde aus der Donau bei Grein und den oberösterreichischen Zuflüssen der Donau. ArchA 70, 1986, 1-136. J. Reitinger 1958: Linz-Reisetbauer und St. Florian am Inn. ArchA 23, 1958, 1-50 F. Stein 1976: Bronzezeitliche Hortfunde in Süddeutschland. Saarbrücker Beitr. Altertumskde. 23, Saarbrücken 1976. P. Trebsche 2005: Die ur- und frühgeschichtliche Höhensiedlung „Burgwiese“ in Ansfelden (Oberösterreich). Ergebnisse der Ausgrabungen von 1999 bis 2002. Diss. Univ. Wien 2005. Weitere Primärlit. zu Funden (s. z.T. Krenn-Leeb 2006) [1] Görmer 2002; Hansen 2002; Krenn-Leeb 2006; Lauermann 2003; Menke 1978/79 [2] B. Stjernquist 1962 zitiert nach Menke 1978/79, 189 [3] Beil-, Sichel-, Waffen-, Schmuck-, und Bronzegefäßhorte sowie Horte gemischten Inhalts und Sonderfälle. [4] Moosleitner/Moesta 1973, 48f; Moeslein 1998/99, 69; Novotná 1984, 17 sowie Krenn-Leeb 2006 und dort angegebene Literatur zu den einzelnen Fundstellen. [5] Krenn-Leeb 2006 und dort angegebene Literatur zu den einzelnen Fundstellen. [6] Krenn-Leeb 2006 und dort angegebene Primärlit; Lenerz-de Wilde 1995, 319 [7] Krenn-Leeb 2006; Lenerz-de Wilde 1995, 304-311 [8] Krenn-Leeb 2006, Hansen 2002b [9] Hansen 2002, 257; Krenn-Leeb 2006; Pollak 1986 u.a. [10] Zitiert nach Menke 1978/79, 190 [11] Krenn-Leeb 2006; Neugebauer et al. 1998/99 [12] Bachner/Lantschner 1994; Lindinger 2003; Reitinger 1958; Trebsche 2005 |
Download mit Abbildungen: 2006 WS PS Bz Frühbronzezeitliche Depotfunde Maurer Jakob.pdf (1422 Downloads)
Gelungene Seite, auf die ich über Suche nach „Depotfund“ gelangte.
Zu Depots, insbes. deren Interpretation, möchte ich zusätzlich insbes. auf diese neuere Literatur verweisen:
Görmer: Bronzezeitliche Depots in Mitteleuropa und ihre Deutung, EAZ 2006,47, 289-298.
Görmer: Einstückdepots,Flussdepots und Verluste: Argumente gegen die Kategorien Einzelfunde und Flussfunde, EAZ 2008, 48, 227 ff.
(EAZ = Ethnographisch-archäologische Zeitschrift)